In diesen Tagen wird viel diskutiert über das Gutachten zu den Missbrauchsfällen in Deutschland und wie sich die damaligen Verantwortlichen verhalten haben. Auch wenn ich nur ein paar Seiten davon gelesen habe, ist es für mich schon erstaunlich wie hier umgegangen worden ist und wie oft vertuscht wurde. Doch das Übel kann nicht beseitigt werden indem man es vertuscht, sondern indem es bei der Wurzel angepackt wird und dann Konsequenzen gezogen werden.
Es erstaunt mich dabei jedoch auch, wie viele Dinge auch jetzt wieder so dargestellt werden, die nicht der Realität entsprechen. So ist für mich eine der ergänzenden Fragen: Wie ist es möglich, dass Josef Ratzinger, emeritierter Bischof von Rom, durch die angeblich von ihm verfassten Stellungnahmen als gesund und vital dargestellt wird? - Wo ist der wirkliche Josef Ratzinger, der gebrechlich ist, der kaum mehr fähig ist längere Zeit zu reden, usw. - Sehr ist zu bezweifeln, dass Josef Ratzinger heute diesen mehr als 1000 Seiten umfassenden Bericht lesen und verarbeiten kann. Geschweige denn Stellungnahmen verfassen kann. Ehrlichkeit gehört doch auch hierzu, dass gesagt wird, er ist dazu nicht mehr in der Lage, er ist gebrechlich, altersschwach usw. - und nicht ein falsches Bild in der Öffentlichkeit verkauft wird. So muss hier auch die Frage gestellt werden: Welche Absicht steckt dahinter? - Ist Josef Ratzinger, emeritierter Bischof von Rom, nicht mehr fähig, verlieren alle seine Berater, Angestellten ihren Einfluss und ihren "Lebensinhalt". Wollen die kirchlichen Verantwortlichen ehrlich sein, beginnt dies eben auch mit der Wirklichkeit eines 95jährigen Mannes, den man alt sein lassen darf, der Kräfte verliert und schwächer wird. - Scheinbilder müssen nicht aufgebaut werden. Und es gehört auch zur Ehrlichkeit aufzuzeigen wie viele Jahrzehnte Fragestellungen des Zweiten Vatikanischen Konzils von der Kirche diskutiert wurden, Berichte entstanden, Empfehlungen gemacht wurden - und nicht umgesetzt wurden. Gerne erinnere ich micht an meinen damaligen Kirchenrechtsprofessor Corecco, der im Rufe eines "Konservativen" stand (später wurde er Bischof im Tessin). Er sass als Kirchenrechtler in der beratenden Kommission des Papstes zur Auslegung des Kirchenrechtes. Und in einer Vorlesung sagte er Folgendes: Papst Paul VI hat 1976 die Aufhebung des Pflichtzölibates unterschriftsreif auf seinem Tisch gehabt (mit allen theologischen, geschichtlichen usw. Fakten) - er hat nicht unterschrieben, weil er sagte: ich sterbe bald, das muss mein Nachfolger machen. Viele solche Dinge erzählte uns damals der Professor - und er schloss meist mit dem Hinweis: Es braucht Vertrauen in Gott mutige Schritte zu gehen. SEHR WÜNSCHE ICH MIR DIES VERTRAUEN UND DAMIT DIE EHRLICHKEIT. Wenn etwas nicht gewollt ist, darf man auch nein sagen - und muss nicht Vertröstungen machen oder neue Kommissionen bilden.
0 Comments
Leave a Reply. |
Archiv
September 2024
Kategorie
|